Einzigartiges Fragment auf Papyrus aus dem Jahr 891 identifiziert
GÖTTINGEN. In der Arbeitsstelle der Pius-Stiftung für Papsturkundenforschung der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen haben Mitarbeiter einen herausragenden Fund gemacht. Sie konnten ein bisher unbestimmtes Fragment, das im Diplomatischen Apparat, einer Sammlung der Universität Göttingen, aufbewahrt wurde, identifizieren: Es handelt sich um einen Teil der einzig erhaltenen päpstlichen Papyrusurkunde nördlich der Alpen. Der Hauptteil der Urkunde lagert im Staatsarchiv in Münster. Insgesamt sind in Europa weniger als 30 päpstliche Originalpapyri erhalten. Papyrus war der Beschreibstoff, auf dem die Päpste in Rom bis etwa zum Jahr 1000 ihre Urkunden ausstellten, bevor sie nach und nach auf das haltbarere Pergament umstellten.
Einzigartig ist, dass auf dem Göttinger Fragment griechische Schriftzüge zu sehen sind. Es handelt sich um den Schlussteil einer Urkunde Papst Stephans V. für das Kanonissenstift Neuenheerse bei Paderborn aus dem Jahr 891. Mit der Urkunde bestätigte der Papst die Gründung des Klosters und sicherte ihm die wirtschaftliche Eigenständigkeit zu. Ab Herbst wird das Fragment in Paderborn in der Ausstellung „Corvey und das Erbe der Antike“ zu sehen sein, womöglich in Vereinigung mit dem Münsteraner Hauptteil.
Die Göttinger Experten haben rekonstruieren können, dass die Urkunde im Jahr 1812, als sowohl Paderborn als auch Göttingen zum Königreich Westphalen gehörten, zusammen mit hunderten anderen Urkunden aus säkularisierten Kirchen nach Göttingen kam. Für die Auswahl und Überführung der Urkunden nach Göttingen war damals das Akademiemitglied Prof. Thomas Christian Tychsen verantwortlich, ein Orientalist, dem auch der Diplomatische Apparat unterstand. Nach dem Untergang des Königreichs Westphalen wurden die Urkunden von den Rechtsnachfolgern, im wesentlichen Preußen, zurückgefordert und im Jahr 1816 restituiert. So auch die Papyrusurkunde aus Neuenheerse – allerdings offenbar nicht vollständig.
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